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Tracke deine Emotionen mit Guided Drawing

Wie ist es möglich, mit zwei Kreidestiften Emotionen im Körper zu orten und nachhaltig zu verändern? Der Kopf kennt sehr oft nicht die Lösung. Die beidhändige sensomotorische Methode des Geführten Zeichnens macht es möglich.

Renate, meine 43-jährige Klientin sitzt mir gegenüber vor einem Stapel mit mehreren großen A2-Blättern. Bunte Kreiden und Ölpastell sowie Fingerfarben liegen griffbereit auf dem Tisch vor ihr. Renate hat sich vor kurzem von ihrem Partner getrennt, fühlt sich gekränkt, wütend und körperlich angeschlagen. Sie weiß noch nicht, wie sie mit der neuen Situation einen Umgang finden, ihr Leben wieder positiv ausrichten kann. Nachdem wir Kontakt aufgenommen und Renates Bedürfnisse geklärt haben, mache ich sie mit der Methode vertraut.

Emotionen körperlich spüren

Das künstlerisch anmutende Setting täuscht. Denn beim Guided Drawing geht es nicht darum, ein Kunstwerk zu schaffen.

 

Im Mittelpunkt steht die Körperarbeit.  Wie schon unsere Sprache bildreich zeigt, äußern sich Emotionen immer körperlich. Und das gilt es, zu Papier zu bringen:

 

Wie rast mein Herz, wenn ich Angst habe? Was passiert in mir, wenn ich diesem Menschen begegne? Wie ist es, wenn ich aufgeregt bin oder wenn alles leicht vor Freude fließt? Wie äußert sich die Wut, die sich schon so lange in meinem Körper versteckt? Und kann ich auch die blockierte Bewegung etwa als Knoten im Bauch oder als steifen Nacken spüren?

 

Bilateraler Body Mapping-Ansatz

Ich ermutige Renate, sich eine Kreide für jede Hand zu suchen und mit diesen auf dem Papier eine Reise durch ihren Körper zu starten. Damit dies besser gelingt, lade ich sie ein, mit geschlossenen Augen zu arbeiten. Sie spürt ihre Herzfrequenz und ihren Atem. Sie beginnt zu erforschen, welche Körperempfindungen durch ihre gegenwärtigen Emotionen hervorgerufen werden. Durch den Kontakt zwischen Körper, Stiften und Papier werden ihr implizite Körperempfindungen in den Muskeln und Eingeweiden bewusst. Diese werden in Bewegung und Druck auf dem Papier sichtbar.

 

So entstehen in Renates Fall einfache, kleine, wiederholte Bewegungen, die sich als verdichteter Knoten auf dem Papier zeigen. Renate wird sich ihrer Verspannungen im Bauch bewusst. Wiederholungen dienen nun dazu, vorsichtig zu testen: Welche gezeichnete Bewegung fühlt sich am ehesten wie die innere Empfindung anfühlt? Wie intensiv ist sie? Was möchte sie mir sagen?

Der Kopf kennt die lösung nicht

In einem nächsten Schritt geht es nun darum, auf einem frischen Blatt Papier zu erforschen, wie sie sich selbst liebevoll begegnen kann. Zu erkunden, wie sie ein neues Körpergefühl verankern bzw. festigen kann. Ich ermutige Renate, sich dabei immer auf ihre Körperwahrnehmung zu verlassen. Das ist der einfachste und direkteste Weg, mit sich selbst in Kontakt zu kommen.

 

Die von mir angeregte gezeichnete Form kann ihr zusätzlich dabei helfen, die kognitive Kontrolle loszulassen. Denn ihr Kopf kennt das gewünschte Ergebnis nicht. Durch rhythmische Wiederholung kann sie allmählich eine Verbindung zum impliziten Gedächtnis herstellen. Zu ihrer verkörperten Biografie und zu nicht bewussten Geschichten ihrer Vergangenheit.

 

Empowerment einmal anders

Nun lässt sie sich Zeit und spürt nach: Welche Bewegung kann dazu beitragen, dass sie sich besser fühlt? Durch das Ausrichten auf die eigenen Empfindungen und rhythmisches Wiederholen kann sie Vertrauen und innere Struktur aufbauen.

 

So findet Renate allmählich ihre eigenen Ausdrucksformen für den Umgang mit ihrer neuen Lebenssituation. Dank eines tieften Kontakt mit sich selbst.

 

neue neurologische bahnen

Mit anderen Worten: Das beidseitige Zeichnen setzt neue motorische Impulse, die durch die Sinne wahrgenommen werden.  Dieser Vorgang auf der sensomotorischen Ebene ermöglicht Renate die Entwicklung neuer neurologischer Bahnen. So kann sie auch in anderen Bereichen ihres Lebens schrittweise Stolpersteine beseitigen, Teile ihrer Biographie neu schreiben und eine authentischere, lebendigere Selbstwahrnehmung dauerhaft verankern.